
Gera, Feuerwache Süd, Blick aus der Fahrzeughalle zum Schlauchturm (links) und Südseite der Anlage (rechts) (Bilder: Elisabeth Bode, 2024)
BAU: Feuerwache Süd (Feuerwache 2)
ADRESSE: Zoitzbergstraße 5, 07551 Gera-Lusan
BAUZEIT: 1998–2000
Architekt: Manfred Schmid
Vom Feuerrot-Farbton RAL 3000 an Toren und Geländern bis zu den gerundeten WC-Piktogrammen – in Gera hat die Feuerwache Süd ihren Charme der 1990er Jahre detailreich bewahrt. Auf dem ehemaligen Gelände der Werkzeugfabrik VEB WEMA Union entstand von 1998 bis 2000 eine vielgliedrige Anlage, deren Funktionen von der klassischen Fahrzeughalle über die Schlauchwerkstatt bis zur ambitionierten Höhenrettung reichen. Nicht zuletzt der asymmetrisch geformte, blau-weiß gestreifte Schlauchturm macht den postmodernen Bau bis heute zum bemerkenswerten Blickpunkt am Südrand der Stadt.

Gera, Feuerwache Süd, Fahrzeughalle (Bild: Elisabeth Bode, 2024)
Günstig gelegen
Auf der ehemaligen Industriebrache von 4.916 Quadratmetern hat die Berufsfeuerwehr einen strategisch günstigen Standort gefunden. Zwischen der Vogtlandstraße B92 und dem Betriebshof der GVB (Verkehr und Betriebsgesellschaft Gera mbH) liegt der Bau in der Nähe von wichtigen Verkehrsadern, öffentlichen Einrichtungen und der Trabantenstadt Gera-Lusan. Als die Planungen für die Feuerwache Süd 1993 starteten, sah der Erstentwurf noch ein weiteres Obergeschoss und eine vielseitigere Nutzung vor. Nach dem Bauantrag im Jahr 1994 verzögerten jedoch verschiedene Bedarfs- und Planänderungen den Ablauf. Erst 1998 konnte so der Grundstein gelegt und 2000 die Einweihung gefeiert werden.

Gera, Feuerwache Süd, Nordseite, feuerrote Rolltore in blauer Wellblechverkleidung (Bild: Elisabeth Bode, 2024)
Zwischen Aachen und Saudi-Arabien
Mit Planung und Ausführung für die Feuerwache Gera Süd wurde der Mönchengladbacher Architekt Manfred Schmid beauftragt. Sein Studium hatte er 1972 an der RWTH Aachen begonnen, um parallel erste berufliche Erfahrungen zu sammeln: als freier Mitarbeiter bei den Architekten Wolfgang Döring und Elmar Lang sowie beim Sportstättenbau in Saudi-Arabien. Noch ein Jahr bevor er 1979 in Aachen mit dem Diplom abschloss, gründete er sein eigenes Planungsbüro (seit 1980: Architekten Schmid). In den 1980er Jahre lehrte er zudem an der FH Aachen als Dozent. Die spielfreudigen Details der Feuerwache Süd finden sich bei Schmid auch in anderen Projekten wieder – vom Streifenmuster an einem Apartmenthaus in Mönchengladbach über die primärfarbigen Fassaden einer Schulerweiterung in Viersen bis zum Dachschwung des erneuerten Autohauses F. Schließas ebenfalls in Viersen.

Gera, Feuerwache Süd, Westseite mit dem Schlauchturm sowie den fast skulptural freistehenden Be- und Entlüftungsrohren (Bild: Elisabeth Bode, 2024)
Schlauchturm mit Streifen
Im markanten Turm der Feuerwache Süd werden bis zu 35 Meter lange Schläuche zum Trocknen aufgehängt, wobei der Luftzug des Kamineffekts noch durch technische Anlagen unterstützt wird. Die gesamte Konstruktion wirkt wie spielerisch ineinander gesteckt: auf der einen Seite die blau-weiß gestreifte Trockenkammer, auf der anderen Seite eine gelb gefasste, asymmetrische Wandscheibe, dazwischen ein offener Treppenaufgang, darüber ein rotes, geschwungenes Dach. Vor allem an der gelben Wandscheibe, die dynamisch das Dach durchsticht und eine Rundöffnung zeigt, kann die Feuerwehr ihre Kräfte für die Höhenrettung schulen – eine Fertigkeit, die angesichts der teils 11-stöckigen Gebäude des nahen Plattenviertels Lusan jederzeit abgerufen werden kann.

Gera, Feuerwache Süd, Treppenhaus ins Obergeschoss (links) sowie Lehr- und Schulungsraum (rechts) (Bilder: Elisabeth Bode, 2024)
Rot, Blau, Gelb
An der Feuerwache dienen die drei Primärfarben Rot, Blau und Gelb nicht nur der Auflockerung, sondern auch der Orientierung. Die Fahrzeughalle und die Schlauchwerkstatt etwa wurden mit blauen Wellblechelementen verkleidet, in denen sich feuerrote Rolltore öffnen. Aus dem Wechsel von verkröpften und aufgeständerten Baukörpern zieht die Anlage auf L-förmigem Grundriss ihre lebendige Außenwirkung. Nicht zuletzt das Spiel mit zeittypischen Materialien – farbig gefasstem Beton, Wellblech, Feinputz und Stahltreppen – verleiht der Feuerwache Süd ihre besondere postmoderne Ästhetik.
Text: Elisabeth Bode, August 2024

Gera, Feuerwache Süd, Schläuche beim Trocknen (links), Schlauchlager (rechts) (Bilder: Elisabeth Bode, 2024)

Gera, Feuerwache Süd, Fahrzeughalle (Bild: Elisabeth Bode, 2024)

Gera, Feuerwache Süd, Schlauchturm mit gestreifter Trockungskammer (links) und gelb gefasster Wandscheibe mit Verankerungen, um das Anleitern zu üben (rechts) (Bilder: Elisabeth Bode, 2024)

Gera, Feuerwache Süd, von den Schlafräumen geht es in 90 Sekunden per Rutschstange (links) in die Fahrzeughalle (rechts) zum Einsatz (Bilder: Elisabeth Bode, 2024)

Gera, Feuerwache Süd, Besucher:innengarderobe (Bild: Elisabeth Bode, 2024)

Gera, Feuerwache Süd, Nordansicht von der Zoitzbergstraße (Bild: Elisabeth Bode, 2024)

Gera, Feuerwache Süd, WC-Piktogramme (Bild: Elisabeth Bode, 2024)
Online-Auftritt des Büros Architekten Schmid.
Online-Auftritt der Feuerwehr Gera.
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