
Kaiserslautern, Neuapostolische Kirche von der Pirmasenser Straße, Neubau von 1997 mit einer rottonigen Keramikplattenverkleidung (Bild: Neuapostolische Gemeinde Kaiserslautern)
BAU: Neuapostolische Kirche
ADRESSE: Pirmasenser Straße 75, 67655 Kaiserslautern
BAUZEIT: 1995–1997
MITWIRKENDE: D. Schahandeh (Statik), Diether F. Domes (Glasgestaltung)
Mitte der 1990er Jahre wechselte die neuapostolische Gemeinde in Kaiserslautern ihren Standort: Von der zentrumsnahen Kirche (1950) an der Ecke Haagstraße/Friedrich-Engels-Straße ging es an den südwestlichen Altstadtrand. In der Pirmasenser Straße, zwischen Gewerbegebiet und Eisenbahntrasse, konnte der Neubau 1997 bezogen werden konnte. Damit gewann die neuapostolische Kirche mehr als nur modernere Räume in einer ausdrucksstarken Formensprache. Sie hatte nun endlich mehr Fläche für ein breitgefächertes Angebot von Gottesdienst bis Gemeindearbeit – und nicht zuletzt ausreichend Parkplätze für ihre Mitglieder aus einem großen Einzugsgebiet.

Kaiserslautern, Neuapostolische Kirche an der Ecke Haagstraße/Friedrich-Engels-Straße, Mitte der 1990er Jahre abgerissen (Bilder: Neuapostolische Gemeinde Kaiserslautern)
Im Aufbau
Die Wurzeln der neuapostolischen Kirche reichen in Kaiserslautern gut 100 Jahre zurück. Ab 1914 fanden erste Gottesdienste in einer Privatwohnung statt, fünf Jahre später wurde die Gemeinde offiziell begründet. Nach weiteren räumlichen Provisorien erwarb man 1923 das ehemalige Jägerheim in der Denisstraße 18 (heute Richard-Wagner-Straße) und passte es an die eigenen Bedürfnisse an. Von der wachsenden Gemeinde wurde der Bezirk Kaiserslautern Ost abgeteilt, der sich wiederum einen eigenen Kirchsaal einrichtete – erst in der Barbarossa-, dann in der Rußstraße. Die Standorte beider Gemeindeteile nahmen im Zweiten Weltkrieg starken Schaden, sodass an der Ecke Haagstraße/Friedrich-Engels-Straße aus Trümmersteinen eine neue Kirche in neoklassizistischer Formensprache entstand, die am 29. Oktober 1950 eingeweiht wurde.
Inzwischen zählten auch amerikanische Soldaten der nahen Flugplätze in Sembach und Ramstein zur neuapostolische Gemeinde und einige Gottesdienste wurde in englischer Sprache abgehalten. Nach 45 Jahren, am 19. Oktober 1995, verließ die Gemeinde ihre Kirche in der Friedrich-Engels-Straße, die in der Folge für die Erweiterung des Städtischen Krankenhauses Platz abgerissen wurde. Die Gemeinde hatte den Bau bereits 1994 gegen das heutige Grundstück in der Pirmasenser Straße getauscht. Für die Wartezeit, bis hier der Neubau fertiggestellt war, stellte die Stadt das (ehemalige) Pfalztheater als Ausweichquartier zur Verfügung.

Kaiserslautern, Neuapostolische Kirche, Grundrisse von Ober- und Untergeschoss des Neubaus in der Pirmasenser Straße (Bildquelle: Einweihungsschrift 1997)
Zur Straße
Am 5. April 1995 wurde in der Pirmasenser Straße mit den Arbeiten begonnen, am 5. Juni 1997 konnte man die neue Kirche feierlich eröffnen. Der Außenbau spielt mit Bezügen zum Vorgängerbau in der Friedrich-Engels-Straße: von der (scheinbar) zwei Geschosse überspannende Wandgliederung bis zur Fassade in Rottönen. Dabei zeigt die neue Kirche klare Elemente der Postmoderne. Der Gottesdienstraum ruht auf einem annähernd längsrechteckigen Grundriss, über dem ein hoher Saal von zwei einander durchdringenden Tonnengewölben überfangen wird. An ihrer Schnittstelle öffnet sich ein Oberlicht aus gereihten quadratischen Öffnungen, zu den an den Seitenwänden Fensterschlitze treten. Der Kirchsaal wird nach Südwesten von einem niedrigeren, teils zweigeschossigen Anbau begleitet, der sich wiederum aus drei verschränkten tonnengewölbten Elemente zusammensetzt.
Besucher:innen betreten die Kirche von Nordwesten über eine Freitreppe, die durch ein gläsernes Vordach und einen vorkragenden Glaskeil zur Schaufassade gesteigert wird. Im Inneren zeigt der frei bestuhlte Saal die Tonnengewölbe offen und rhythmisiert sie einer Kassettendecke ähnlich. Nach Südosten, in einer apsisähnlich angegliederten Segmentbogennische hinter dem freistehenden Altartisch, findet sich die Orgel mit 23 Registern. Das Instrument aus der Werkstatt von Max Offner in Kissing bei Augsburg wurde 1997 mit der neuen Kirche in Nutzung genommen. Den gesamten Kirchsaal prägt die Glasgestaltungen des Künstlers Diether F. Domes (1939-2016). Als Meisterschüler des Malers Georg Meistermann hatte er sich einer meist abstrakten, grafischen Formensprache verschrieben. Für Kaiserslautern legte er opake, teils farbige Flächen und Striche auf die Klarglasscheiben.

Kaiserslautern, Neuapostolische Kirche, Kirchsaal zum Altar nach Südosten (Bild: Neuapostolische Gemeinde Kaiserslautern)
In Gemeinschaft
In den letzten Jahren hat sich die neuapostolische Gemeinde, die 2019 ihr 100-jähriges Bestehen feiern konnte, als Teil einer größeren Gemeinschaft positioniert: Seit 2012 zählt sie zum Kirchenbezirk Saar-Pfalz, seit 2018 gehört sie zur Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) Kaiserslautern. Auch der 1997 eingeweihte Neubau schlägt in seinen Stilformen – von der Kolossalordnung bis zur Fassadenfarbe – eine Brücke in die Gemeindegeschichte und erweist sich zugleich – mit postmodernen Designelementen bei Altar und Leuchten, mit Tonnendächern und Keramikverkleidung – als Kind seiner Zeit.
Text: Karin Berkemann, Oktober2024

Kaiserslautern, Neuapostolische Kirche, Ansicht zur Primasenser Straße (Bildquelle: Einweihungsschrift, 1997)

Kaiserslautern, Neuapostolische Kirche, Fassade zur Straße (Bild: Sven Grumke, via google-Maps, 2016)

Kaiserslautern, Neuapostolische Kirche, Altar (Bild: Neuapostolische Gemeinde Kaiserslautern)

Kaiserslautern, Neuapostolische Kirche, Glasgestaltung (Bilder: Christian Littek, Neuapostolische Gemeinde Kaiserslautern, 2024)

Kaiserslautern, Neuapostolische Kirche, Nebenräume (Bild: Christian Littek, Neuapostolische Gemeinde Kaiserslautern, 2024)

Kaiserslautern, Neuapostolische Kirche, Blick zur Empore (Bild: Christian Littek, Neuapostolische Gemeinde Kaiserslautern, 2024)

Kaiserslautern, Neuapostolische Kirche, Blick von der Empore (Bild: Christian Littek, Neuapostolische Gemeinde Kaiserslautern, 2024)

Kaiserslautern, Neuapostolische Kirche, Seitenansicht (Bild: Christian Littek, Neuapostolische Gemeinde Kaiserslautern, 2024)

Kaiserslautern, Neuapostolische Kirche, Außenbau vom Parkplatz (Bild: Christian Littek, Neuapostolische Gemeinde Kaiserslautern, 2024)
Chronik der neuapostolischen Gemeinde Kaiserslautern, auf: nak-zentralarchiv.de.
Nachruf auf Diether F. Domes, auf: schwaebische.de, 20. Oktober 2016.
Festschrift zur Einweihung der Neuapostolischen Kirche Kaiserslautern, o. O. (Kaiserslautern) 1997.
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