
Frankenthal, Congressforum, Spiegelsaal, mit einem Gemälde von Ben Willikens (Bild: CFF-FT, CC BY SA 4.0)
BAU: Congressforum (bis 2000 Stadthalle)
ADRESSE: Stephan-Cosacchi-Platz 5, 67227 Frankenthal in der Pfalz
BAUZEIT: 1991, 2005 erweitert um Konferenzzentrum
ARCHITEKT: Alexander Raimund Freiherr von Branca (mit Emanuela Freiin von Branca)
Bei der Eröffnungswoche der Frankenthaler Stadthalle (seit 2000 Congressforum) ging es im Oktober 1991 prominent zu: am Mikrofon die Jazzsängerin Joy Fleming, an der Wand des Spiegelsaals ein Gemälde von Ben Willikens und platzumspannend die Bauten des Architekten Alexander Freiherr von Branca. Damit hatte sich das pfälzische, rund 50.000 Einwohner:innen zählende Mittelzentrum im Rhein-Neckar-Dreieck einen selbstbewusst herausgehobenen Neubau gegönnt. Schon 1987 gewann von Branca den Architekturwettbewerb um das Ensemble vor dem Speyerer Tor, dem barocken südlichen Stadttor der einstigen Festungsstadt. Auf dem Gelände einer ehemaligen Zuckerfabrik öffnen sich die Tagungsräume nun mit einem Kolonnadengang nach Osten, zum fächerförmigen Stephan-Cosacchi-Platz. 2005 wurde das Congressforum noch um ein Konferenzzentrum erweitert, das sich dem Spiegelsaal der 1990er Jahre nach Norden angliedert.

Frankenthal, Congressforum mit dem 2005 nach Norden (jeweils rechts im Bild) ergänzten Konferenzzentrum samt Foyer, links: Übersichtsplan: 1) Großer Festsaal, 2) Restaurant, 3) Spiegelsaal, 4) Künstler:innenzimmer, 5) Konferenzzentrum, 6) Tagungsräume, 7) Foyers; rechts: Luftaufnahme (Bilder: CFF-FT, CC BY SA 4.0)
Einmal Antike und zurück
Typisch für das Werk von Brancas, auch in Frankenthal, sind großflächige geschlossene Wandelemente, auffällig ausgewogene Proportionen sowie Naturstein-Verblendungen. Für das Congressforum griff er zudem auf antike Stilelemente zurück, die er in moderner, abstrahierter Form in eine repräsentative Kolonnadenarchitektur überführte. Der große Saal und der kleinere Spiegelsaal erheben sich jeweils auf einem hufeisenförmigen Grundriss. Zwischen ihnen spannen sich niedrigere Baukörper auf: mittig das Restaurant, vorgelagert die Foyers, rückwärtig die Künstler:innenzimmer und seitlich die Tagungsräume.
In rotem Mainsandstein gehalten, leiten Freitreppen und die Kolonnade zum Stephan-Cosacchi-Platz über. Gegenüber zeugen Bestandsbauten von der Geschichte des Unternehmens „F. und C. Karcher“, einst eine der größten deutschen Zuckerfabriken. Im Osten liegt das stattliche ehemalige Verwaltungsgebäude (1890, 1910 Umbau Hermann Billing), heute Musik- und Volkshochschule, im Nordosten das Pförtnerhaus (1920), nun Kinder- und Jugendeinrichtung. Nicht zu vergessen, in die Kolonnade eingebunden, ein Denkmal für den Fabrikanten Philipp Karcher.

Frankenthal, Congressforum, Großer Saal und Spiegelsaal (rechts im Bild) mit dem Kolonnadengang zum Platz (Bild: Ansicht)
Zwischen Döllgast und Dunkel
Alexander von Branca wurde in München am 11. Januar 1919 als Sohn des Diplomaten Wilhelm Freiherr von Branca und der Malerin Hedwig Frankenburger (Branca-Kent) geboren. Nachdem er das Studium 1946 in seiner Heimatstadt aufgenommen hatte, wechselte er nach Zürich, um sich 1951 wieder in München als freier Architekt niederzulassen. Hier arbeitete er anfangs mit seinem Berufskollegen Herbert Groethuysen zusammen. Zu von Brancas Werk, das sich an der Nahtstelle von Tradition und Moderne bewegt, gehören Wohn-, Bildungs- und Sozialbauten, Versorgungs-, Begegnungs- und Übernachtungsstätten sowie Repräsentanz-, Büro- und Verwaltungsbauten, vorwiegend in Süddeutschland, besonders in Bayern. Hinzu traten denkmalpflegerische Aufgaben, Um- und Ausbauten.
Als die Postmoderne aufzog, machten ihn ausgewählte öffentliche Bauten überregional bekannt: die Neue Pinakothek in München (1981) sowie die Deutschen Botschaften in Madrid (1966) und im Vatikan (1984). Nicht minder beachtet wurden seine U-Bahnhöfe in Bonn und München sowie seine zahlreichen, evangelischen wie katholischen Kirchen-, Kloster- und Gemeindebauten. In einer von Moderne wie Historizität, von (Beton-)Brutalismus wie Regionalität geprägten Stilentwicklung bezog er sich besonders auf Hans Döllgast und William Dunkel, Le Corbusier und Friedrich II. von Hohenstaufen. Alexander von Branca verstarb am 21. März 2011, seine Tochter Alexandra führt das Büro bereits seit 2006 weiter.

Frankenthal, Congressforum, Großer Saal zun Besucher:innenraum (Bild: CFF-FT, CC BY SA 4.0)
Verspiegelte Größe
„Das Wesen der Architektur ist, über das rein Zweckhafte hinaus eine Aussage zu machen, die den Menschen berührt.“ So, wie Alexander von Branca sein Verständnis von Baukunst formuliert, werden Bauten bzw. Räume nicht allein durch ihre Nutzung bestimmt. Auch in Frankenthal sind die beiden Kernbereiche des Congressforums, der Große Saal und der Spiegelsaal, voller Bildhaftigkeiten. Im Großen Saal machen der weite Besucher:innenraum, die umlaufende bestuhlbare Galerie und eine Bühne mit Orchestergraben vieles möglich, vom Theaterstück über das Konzert bis zu Tagungen und Kongressen. Bei Bedarf lässt sich die Bodenfläche mit hydraulischen Hubpodien auf eine Ebene bringen, um hier Ausstellung oder Ball unterzubringen. Doch bei aller Multifunktionalität sorgen rote Klinkerwände und weiß gefasste Rundstützen, Rundbögen und Galerie für eine feierliche Grundstimmung.
Der kleinere Spiegelsaal schafft mit seiner Farb- und Materialwahl einen intimeren Raum für Kammermusik, Vorträge und Konferenzen. Um den Vergleich der beiden Haupträume des Congressforums auf den Punkt zu bringen: Der Große Saal kann auf einer Fläche von 945 Quadratmetern und mit einer Höhe von 8,40 Metern bis zu 1.000 Besucher:innen aufnehmen. Der Spiegelsaal hingegen verfügt über eine Nutzfläche von 297 Quadratmetern, eine Höhe von 6 Metern und Platz für bis zu 300 Gäste. Gemeinsam ist den beiden Sälen, dass sie Tageslicht über ein Fensterband im Dachbereich erhalten, sich aber auch komplett verdunkeln lassen.

Frankenthal, Congressforum, Großer Saal zum Platz mit dem halbrund vorgewölbten Foyer (Bild: CFF-FT, CC BY SA 4.0, 2010)
Darin, darunter und davor
Die Erweiterung des Jahres 2005 hinzugenommen, kann sich das Congressforum heute mit großen und kleinen Feier- und Tagungsräumen auf verschiedene Nutzungsszenarien einstellen. Bei Bedarf können Zonen zusammengeschaltet und Wände bewegt werden. Weite Teile des Zentrums, darauf weisen die Betreiber stolz hin, lassen sich sogar befahren – sollte eine Firma ein Automobil präsentieren oder schwere Produkte direkt anliefern wollen. Zudem können die Veranstalter:innen und Gäste über eine Tiefgarage mit 280 Stellplätzen verfügen. Und wer in den Pausen Luft schnappen mag, findet Erholung unter der Kolonnade, auf kleinen Grünflächen und der großen Platzanlage – mit einem zentralen Springbrunnen, wenn er denn mal mit Wasser gefüllt ist.
Text: Matthias Ludwig, Würzburg/Schweinfurt, März 2025

Frankenthal, Congressforum, Großer Saal (Bild: Schnitt)

Frankenthal, Congressforum, Bauarbeiten im Großen Saal (Bild: historische Abbildung)

Frankenthal, Congressforum, Großer Saal zur Bühne (Foto: Yannick Wegener, Bild: CFF-FT, CC BY SA 4.0)

Frankenthal, Congressforum, Spiegelsaal (Bild: CFF-FT, CC BY SA 4.0)

Frankenthal, Congressforum, Großer Saal (Bild: CFF-FT, CC BY SA 4.0)
Online-Auftritt des Congressforums Frankenthal.
Online-Auftritt der Architektin Emanuela Freiin von Branca.
Zum Werk des Malers Ben Willikens.
Architekten und ihre Häuser: Alexander von Branca, auf: BR Retro, 24. November 1961.
Dipl.-Ing. Alexander Freiherr von Branca, Architekt, im Gespräch mit Dr. Michael Schramm, in: Bayerischer Rundfunk/α-Forum, 26. Januar 1998.
Branca, Alexander von, Facetten eines Lebens, Bad Tölz 2001.
Hierl, Rudolf, Alexander Freiherr von Branca 1919–2011, in: Bauwelt 102, 2011, 19, S. 10 (hieraus auch das im Text angeführte Branca-Zitat).
Hildmann, Andreas, „In meiner Familie hat die malerisch-künstlerische Begabung eine lange Tradition“. Gespräch mit Alexander von Branca, in: Annäherung 12, 2002, 1, S. 439–441.
Nies, Thomas van, Alexander Freiherr von Branca zum 100. Geburtstag. Ein richtungsweisender Kirchenbaumeister aus Bayern, in: Denkmalpflege Informationen 171, 2019, S. 39–42.
Sowa, Marcel, 30 Jahre Congressforum: Über Frankenthal hinaus bekannt, in: Die Rheinpfalz, 27. September 2021.
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