BAU: 1) Lloyd-Passage, 2) Markthalle Papenstraße, 3) Domshof-Forum
ADRESSE: 1) Lloydpassage 1, 28195 Bremen, 2) Papenstraße 2, 28195 Bremen, 3) Domshof 16, 28195 Bremen
BAUZEIT: 1) 1987–1990, 2) 1996–1997, 3) 1999
ARCHITEKT:INNEN: 1) Arbeitsgemeinschaft Lloyd-Passage (Helmut Rhode, Friedel Kellermann, Günter Wawrowsky, Harm Haslob, Peter Hartlich, Joachim Dietrich Schütz, Horst Rosengart), 2) Hartmut Stechow, Ulrich Tilgner, 3) Joachim, Jutta und Peter Schürmann
Schon früh setzte Bremen auf sein Zentrum – von der ersten Fußgänger:innenzone in der Söge- und Obernstraße (ab 1960/69) bis zur Katharinen-Passage (1984). In den 1990er Jahren sollte dann eine zusätzliche „Aktivierung“ der Innenstadt verhindern, dass die Kaufkraft auf die sprichwörtliche Grüne Wiese abwanderte. Mit Stahl-Glas-Konstruktionen in der Tradition der modernen Ingenieurbaukunst wurden Straßen überdacht, Plätze neu in Szene gesetzt und geordnete Verhältnisse für mobile Marktstände geschaffen. Aus den zahlreichen Maßnahmen in der Bremer Innenstadt lassen sich beispielhaft drei Bauten der 1990er Jahre herausgreifen: die Lloyd-Passage mit ihren weit verzweigten Baumstützen, die Markthalle Papenstraße mit ihrem französischen Flair und das Domshof-Forum, das gleich einen ganzen Platz zusammenbinden sollte.
Bremen, Lloyd-Passage (Bild: Karin Berkemann, 2022)
Lloyd-Passage
Was aussieht wie eine klassische Passage und sich auch so nennt, ist streng genommen keine: Die Lloydpassage rühmt sich selbst, „Deutschlands erste überdachte öffentliche Straße“ zu sein. Bereits 1984 entstand die Idee zu diesem ehrgeizigen Projekt, als die „Interessensgemeinschaft Lloydpassage“ ein gläsernes Dach vor dem Karstadt-Kaufhaus (1960, Hans Soll) ins Auge fasste. Mit den Jahren der Planung wurde das Vorhaben immer ehrgeiziger: Die Stahl-Glas-Konstruktion überfängt nun die Wege Lloydpassage und Große Hundestraße. Über 250 Meter hinweg ruhen die 3.500 Quadratmeter gläserne Dachfläche in 14 Metern Höhe auf 32 Stützen. Am Ende wurden für den Bau zwischen 1987 und 1990 rund 11,5 Millionen DM aufgewendet.
Für die architektonische Seite bildete sich die Arbeitsgemeinschaft Lloyd-Passage: mit dem Düsseldorfer Büro RKW (Helmut Rhode (1915–1995), Friedel Kellermann (*1935), Günter Wawrowsky (1933–2016)) und dem Bremer Büro Haslob, Hartlich und Schütz/Partner (Harm Haslob (*1942), Peter Hartlich (1944–1998), Joachim Dietrich Schütz, Horst Rosengart (1936–2021)). An den Zugängen ähneln die „Portale“ noch der sieben Jahre älteren Katharinen-Passage, die vom gleichen Bauherren, der städtischen Brepark GmbH, verantwortet wurde. Doch im Inneren zeigen die nach oben weit verzweigten Baumstützen schon sehr viel freiere Formen im Stil des Dekonstruktivismus. Nach der Einweihung suchten die Verantwortlichen rasch nach Aktionen, um die Passage einladender zu gestalten. Um mehr Licht in die überdachte Häuserschlucht zu bringen, folgte man bei der Sanierung um 2000 dem Entwurf des Innsbrucker Lichtplaners Dieter Batenbach und installierte Heliostaten auf den umliegenden Dächern. Diese Spiegelkonstruktionen lenken das Sonnenlicht nach unten und ergänzen dies bei Bedarf durch Scheinwerfer. Kurz darauf wurde die „Mall of Fame“ ins Leben gerufen, bei der Prominente ihre Handabdrücke im Pflaster der Passage hinterlassen.
Bremen, Markthalle Papenstraße (Bild: Karin Berkemann, 2022)
Martkhalle Papenstraße
Wo die Lloyd-Passage von den sich überkreuzenden „Zweigen“ des Tragwerks lebt, besticht die benachbarte Markthalle Papenstraße durch ihr Spiel mit mediterranen Vorbildern. Mit diesem Bauwerk bot man den zuvor frei aufgerichteten Marktständen ein neues Zuhause. Am Ausgang der Lloyd-Passage zum Hanseatenhof erhebt sich Konstruktion auf einem langgestreckten rechteckigen Grundriss. Zwei eingeschossige gläsernen Quader werden von je einem Satteldach überfangen, von einem mittleren Durchgang unterteilt und von einem umlaufenden gläsernen Vordach zusammengebunden. Um die innenliegenden Nebenräume gruppieren sich die Marktstände jeweils nach außen, nach Westen und Osten.
Für die Gestaltung der 1996/97 erstellten Markthalle konnten die Bremer Architekten Hartmut Stechow (*1945) und Ulrich Tilgner (*1957) gewonnen werden. Stechow hatte zunächst als technischer Zeichner begonnen, bevor er sich der Architektur zuwandte. Hier spezialisierte er sich, lange in Zusammenarbeit mit Tilgner, u. a. auf Wohnbauten, Schulen und Marktareale. Zudem lehrt er als Professor für Städtebau an der Jade-Hochschule in Wilhelmshaven. Tilgner machte sich nach seinem Architekturstudium in Bremen eben dort selbständig, betrieb das Büro in der Folge in wechselnden Partnerschaften und hatte verschiedene Lehraufträge inne, u. a. an der Hochschule für Technik Bremen. Um 2000 verwirklichte er zahlreiche Projekte für kirchliche Auftraggeber:innen, darunter der Neubau des Birgitten-Klosters (2002) im Bremer Schnoorviertel.
Bremen, Domshof-Forum, 3D-Modell (Bild: 3dwarehouse)
Domshof-Forum
Während die Lloyd-Passage und die Markthalle Papenstraße vorwiegend als Bremer Eigenschöpfungen entstanden, wurde für das Domshof-Forum auch ein auswärtiges Büro beauftragt. Schon Jahre zuvor suchte man in Wettbewerben und Gutachterverfahren nach einer guten Lösung für die prominent zwischen Dom und Bürgerstadt gelegenen Freifläche. Durch den Bau eines Tiefbunkers im Jahr 1940, der nach dem Krieg als Tiefgarage weitergenutzt wurde, hatte der Platz seinen vorherigen Zuschnitt verloren. Vormittags fanden sich hier die Marktstände, nachmittags parkten die Innenstadtbesucher.innen – und an den Rändern verkehrte die Busse und Straßenbahnen. Als man sich nach einer kontroversen öffentlichen Diskussion nicht auf einen externen Entwurf für die Neugestaltung einigen konnte, ging das städtische Bauamt 1990 selbst ans Werk. Neben dem Granitpflaster und einigen Baumpflanzungen verdankt sich dieser Maßnahme bis heute der Neptun-Brunnen (1992) des Worpsweder Bildhauers Waldemar Otto.
Mit der Verlegung einer Straßenbahnhaltestelle schuf man Raum für einen letzten Schritt, den Bau des Domshof-Forums. Nun fiel die Wahl auf die Architekt:innen Joachim (*1926), Jutta und Peter Schürmann (*1955). Sie überspannten einen Teil der Fläche mit einem gläsernen „Stadtdach“, das sich transparent gegenüber der umgebenden Bebauung zurücknahm und dem Platz zugleich eine neue ausgewogene Proportion verlieh. Die rund 1.200 Quadratmeter Glasfläche wurden auf acht Stützen in 12 Metern Höhe aufgespannt. Darunter platzierten die Architekt:innen einen quaderförmigen dreigeschossigen Pavillon, dessen Café-Bistro-Betrieb den Platz belebt. Bis heute wirkt die Kunst des Glasdachs, die der innerstädtischen „Aktivierung“ dient, in Bremen fort – ein zentral gelegener Hof wird seit 2017 in einer Interimsnutzung als Markthalle Acht bespielt.
Text: Karin Berkemann, Frankfurt/Greifswald, April 2022
Syring, Eberhard, Architekturführer Bremen.
Neloska, Biljana, Bummeln in Bremen: Hansestadt und Handelsplatz, in: Weserreport, 11. Juli 2017.
Krumpipe, Dorothee, Mehr Technik mehr Licht, in: taz, 7. Dezember 2001.
Onlinepräsenz der Lloydpassage Bremen.
Onlinepräsenz von RKW Architekten.
Onlinepräsenz von HKP Architekten.
Onlinepräsenz des Architekturbüros Ulrich Tilgner Thomas Grotz.
Online-Präsenz von Jochachim Schürmann Architekten.
Titelmotiv: Bremen, Domshof-Forum (Bild: Karin Berkemann, 2022). Für den Bildnachweis in der Galerie klicken Sie bitte auf das jeweilige Bild. Zu Bildrechten nach Creative Commons informieren Sie sich bitte online über die entsprechenden Bestimmungen.