Mainz, Hyatt Regency Hotel, Glashalle mit Gastronomie vor dem Mauern des historischen Fort Malakoff (Bild: Hyatt Regency)
BAUTEN: 1) Fort Malakoff Park; 2) Hyatt Regency Hotel (Büro- und Geschäftszentrum mit Passage)
ADRESSEN: 1) Rheinstraße, Dagobertstraße und Templerstraße, 55116 Mainz; 2) Templerstraße 6, 55116 Mainz
BAUZEITEN: 1) 1994–1997; 2) 1996–1998
ARCHITEKTEN: JSK (Helmut W. Joos, Reinhard W. Schulze, Karsten Krüger-Heyden)
Nach dem Hilton (1969) bildet das Hyatt Regency (1998) das zweite prominente Hotel, das direkt am Mainzer Rheinufer liegt. Doch das ist nicht ihre einzige Gemeinsamkeit. Für den Bau des Hilton gegründet, machte es die stadtnahe Mainzer Aufbaugesellschaft (MAG) auch im zweiten Fall möglich, im Zentrum ein Oberklassehotel anzusiedeln. Zudem stehen beide Häuser nicht als Solitäre für sich, sondern sind jeweils Teil eines größeren Komplexes: Mit der kurz zuvor fertiggestellten Rheingoldhalle formt das Hilton ein Ensemble, durch das die Gäste in Frack und Abendkleid vom Zimmer direkt zum Ball schreiten können – seinerzeit einzigartig in diesem Umfang. Das Hyatt Regency hingegen bildet den Abschluss eines Geschäfts-, Büro- und Ärztehauses, dessen imposante Passage die Altstadt mit dem Rheinufer verbinden und beleben soll. Während sich die Hotelzimmer im Hilton entweder auf den Rhein- oder auf den Domblick konzentrieren, öffnet sich das Hyatt Regency am Winterhafen durch seine vorgelagerte Gastronomie mit mediterraner Geste zum Fluss.
Mainz, Hyatt Regency Hotel, Rheinseite (Bild: Hyatt Regency)
Residieren am Rhein
In die vorgelagerte zweigeschossige Glashalle sind die Lobby, die Gastronomie und das Fort Malakoff aus dem Jahr 1843 integriert. Diese Kaponniere auf viertelkreisförmigem Grundriss formt mit dem neuen Vorbau einen atmosphärischen Platz und eine repräsentative Eingangssituation. In den historischen Mauern findet sich neben der Hotel-Bar, einer Lounge und einem Restaurant auch ein kleiner Trausaal. Der zum Rhein vorgewölbten Festung stellen die Architekten eine Auskragung am südöstlichen Gebäudeteil entgegen, dessen gerundetes gläsernes Sockelgeschoss an die Stuttgarter Staatsgalerie (James Stirling, 1984) erinnert. Beide Elemente rahmen eine weitläufige Piazza, die sich mit einer großen Treppenanlage zum Wasser wendet. Ein derartiger Ort ist für Mainz ein Novum. Einerseits floss an dieser Stelle vor rund 150 Jahren noch der Rhein, der entlang der Stadt erst ab 1860 begradigt wurde. Anderseits war Mainz bis ins 20. Jahrhundert von einer Befestigungsmauer umschlossen, wovon heute mehrere Tore und das Fort Malakoff zeugen.
Der siebengeschossige Hotelriegel steht trotz seiner Ausmaße in Proportion zur Piazza, wozu die dreiteilige Gliederung der Fassade beiträgt: Während der zweigeschossige Sockel und die oberen beiden Etagen als Stahl-Glas-Konstruktion ausgeführt sind, ist die dreigeschossige Mittelzone mit hellem Naturstein verkleidet. Je Stockwerk akzentuiert ein braunes Natursteinband die Hotelfassade und setzt sie damit vom Geschäftszentrum ab. Das Hyatt Regency bietet 268 Zimmer, davon neun Suiten sowie Tagungs- und Veranstaltungsräume samt Ballsaal. Der Spa-Bereich inklusive Schwimmbad findet sich im ersten Untergeschoss und ist durch Lichthöfe zur Piazza hin geöffnet. Höhepunkt ist zweifelsohne die langgestreckte Halle, die prominent als Stahl-Glas-Konstruktion inszeniert wird. Gegliedert durch Podeste und den Gastronomiebereich, ist es aber vor allem die historische Kaponniere, die mit ihrem massiven groben Sandstein den Kontrapunkt zu den glatten glänzenden Materialien der hochwertigen Hotelausstattung setzt.
Mainz, Hyatt Regency Hotel, Detail von Fassade zur Rheinseite, davor die Arbeit „Rheintöchter“ des Künstlers Karl Heinz Oswald aus dem Jahr 2004 (Bild: Weltbrei, via mapio.net)
Ein Winterhafen
Auf der Fläche, die durch die Rheinbegradigung gewonnen worden war, entstanden der erste Mainzer Bahnhof und angrenzend das Lauteren-Wohnviertel. Erst mit dem heutigen Hauptbahnhof (Centralbahnhof, 1884) und mit der neuen Streckenführung im Westen der Stadt wurde das Areal am Winterhafen anderweitig nutzbar. Seit den 1950er Jahren diente der Bereich dann als Kaserne der ehemaligen Bereitschaftspolizei sowie als Wasser- und Schifffahrtsdirektion.
Jenseits der historischen Garnisonswaschanstalt entstanden am Winterhafen unreguliert Garagen und Schuppen von Kleinbetrieben. Erst als in den späten 1970er Jahren eine Arbeitsgruppe zusammenfand, konnte ein mehrheitsfähiger Rahmenplan erstellt werden, um das Gebiet neu zu entwickeln. Das Ergebnis waren zwei großflächige Bürobauten entlang der Rheinstraße, Gastronomie und ein Kulturzentrum (das heutige KUZ) in der historischen Garnisonswaschanstalt sowie ein Wohnviertel entlang des Winterhafens.
Mainz, Hyatt Regency Hotel (links) zum Rhein hin, Eingangssituation zur Fort Malakoff Passage (rechts) im Südwesten (Bilder: links: Hyatt Regency; rechts: Michael Z., via yelp.de)
Ein Büro, viele Invenstor:innen
Das Hyatt Regency ist struktureller und gestalterischer Teil des Fort Malakoff Parks – beide entstanden nach Entwürfen von JSK Architekten. Gegründet wurde das Frankfurter Büro 1980 von Helmut W. Joos, Reinhard W. Schulze und Karsten Krüger-Heydenn, ihre Sozietät beruht wiederum auf der seit 1963 bestehenden Partnerschaft von Joos und Schulze. In Spitzenzeiten unterhielt JSK weitere Niederlassungen in Berlin, Düsseldorf, München, Hamburg, Baden-Baden, Zürich, Warschau, Danzig, Breslau und Peking und beschäftigten rund 200 Menschen. International arbeitete die Sozietät, die seit 2010 in dieser Form nicht mehr besteht, eng mit dem amerikanischen Büro Perkins & Will zusammen. JSK machte sich vor allem mit dem Terminal 2 des Frankfurt Flughafens (1994) einen Namen. In der Folge wurden die Architekten mit ähnlichen Großprojekten beauftragt, so auch in Kooperation mit Gerkan, Marg & Partner (gmp) für den Flughafen Berlin-Brandenburg International. In Frankfurt wirken bis heute u. a. die Welle (2003), das Skyper (2004) und The Squaire (2012) stadtbildprägend. Neben dem Mainzer Hotel gestaltete JSK zudem das Hyatt Regency in den Türmen der Düsseldorfer „Hafenspitze“.
Obwohl der Mainzer Komplex gestalterisch aus einer Hand stammt, war die Finanzierung zweigeteilt: Ließ die MAG das Hotel für 115,5 Millionen Deutsche Mark (DM) errichten, kamen die 300 Millionen DM für den Fort Malakoff Park von diversen Investor:innen rund um die Siemens-Nixdorf Infosystem AG. Bevor das Hyatt Regency seine Türen im Mai 1998 öffnete, wurde das Geschäftszentrum bereits im September 1997 fertiggestellt. Die gesamte Anlage besetzt nun die ehemalige Fläche der Bereitschaftspolizei (zwischen Rheinstraße und Uferpromenade) von rund 160 x 160 Metern. Insgesamt fünf Riegel werden durch eine umlaufende Blockrandbebauung und die diagonal durchstoßende Passage zusammengefasst. Größtenteils fünfgeschossig, das Hotel zum Rhein hin sogar siebengeschossig, bietet der Komplex 48.000 Quadratmeter Mietfläche – davon alleine 28.000 Quadratmeter für Büros und weitere 6.000 Quadratmeter für Ladengeschäfte.
Mainz, Details aus dem Fort Malakoff Park (links) und vom Hotelbau (rechts) (Bilder: links: Pavol C., via yelp.de; rechts: Hyatt Regency)
Mailand in Mainz
Obwohl die Bauglieder des Ensembles einheitlich mit hellem Naturstein verkleidet sind, ist es den Architekten gelungen, diese jeweils entsprechend ihrer Umgebung zu gestalten: Zur mehrspurigen Rheinstraße gliedert sich die Fassade über eine Kolonnade, die sich zum Passageneingang öffnet und diesen besonders betont. Die Ecksituationen sind als scheinbar eigenständige Stahl-Glas-Konstruktionen ausgeformt. Zum Blockrand des Lauteren-Viertels präsentiert sich der Zugang als Kubus, zum Winterhafenquartier an der Dagobertstraße hingegen als markanter Rundbau. Dieser wiederum bildet mit der aufgeständerten schräggestellten Vorderfront der DB Cargo Verwaltung (RKW Rhode, Kellermann, Wawrowsky, 1998) eine Torsituation aus.
In der Dagobertstraße, der Zufahrt zum Rhein, gliedert sich die Fassade differenzierter: Wo die Riegel auf den Blockrand treffen, bilden sich drei vorspringende Risalite, die jeweils durch das Staffelgeschoss zusätzlich betont werden. Vor dem Hotelriegel ist eine Ecke ausgespart. Der hier vorgesehene Vorplatz wurde allerdings nachträglich durch einen eingeschossigen Anbau belegt, der den Außenbereich eines Restaurants aufnimmt. In der engen Templerstraße reagiert die Anlage auf die Asymmetrie des Grundstücks: Hier wurden dem Komplex scheinbar drei einzelne, ein Geschoss niedrigere Häuser vorgesetzt, die nun parallel zur Straße verlaufen. In den Zwischenräumen liegen jedoch die Zugänge zu den Arztpraxen und Büroeinheiten, sodass die Dreiteilung gekonnt zur angrenzenden Wohnbebauung vermittelt.
Mainz, Fort Malakoff Park, Passage (Bild: Pavol C., via yelp.de)
Erwartungen an eine Passage
Mit der Passage im Fort Malakoff Park wollte man über das schmale Hänleingäßchen eine Verbindung zwischen Altstadt und Rheinufer schaffen, die im Ursprungskonzept als „Delikatessenmeile“ die Fußgänger:innenströme anziehen sollte. Dem entsprechen auch die imposanten Ausmaße: 1.400 Quadratmeter werden in 20 Metern Höhe von einem Glasdach überspannt. Mehrere Brücken durchqueren die Passage auf zwei Ebenen und verknüpfen die Bürotrakte in den Gebäuderiegeln. Die erhoffte sofortige Belebung durch eine Anziehungskraft, wie sie die Galleria Vittorio Emanuele II in Mailand oder die Shopping Malls in den 1970er Jahren bewirkten, konnte von Anfang an nicht erfüllt werden: Gastronomie und Geschäfte wechselten mehrfach und das Nutzungskonzept musste angepasst werden. Heute ist die Passage zwar vollumfänglich vermietet, konnte sich allerdings nicht als städtischer Ort etablieren. Für die Facharztpraxen und Büromieter:innen ist der Fort Malakoff Park in seiner gediegenen Formneutralität jedoch weiterhin attraktiv.
Text: Maximilian Kürten, Die Betonisten, Januar 2024
Mainz, Fort Malakoff vor dem Hyatt Regency Hotel (Bild: Geisler Martin, CC BY SA 3.0, 2012)
Mainz, Fort Malakoff vor dem Hyatt Regency Hotel (Bild: Der Siggy, via mapio.net)
Mainz, Hyatt Regency Hotel, Gastronomie (Bild: Hyatt Regency)
Mainz, Hyatt Regency Hotel, Biergarten (Bild: Der Siggy, via mapio.net)
Mainz, Hyatt Regency Hotel (Bilder: Hyatt Regency)
Mainz in den 70ern. Eine Stadt zwischen Aufbau und Revolution (Unsere Geschichte 5), Mainz, Winter 2017.
JSK Architekten, Gestaltete Funktion. Vision and Function, Tübingen 2005.
Unser Mainz – Stadtentwicklung von 1990 bis heute. Die alte Stadt am Rhein im Wandel, hg. von der Stadt Mainz, Amt für Öffentlichkeitsarbeit, Mainz 2003.
JSK Architekten, Gebaute Transparenz. Built Transparency, Tübingen 2000.
Online-Auftritt von GBP Architekten (vormals JSK Berlin).
Online-Auftritt des Hyatt Regency Mainz.
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