
BAU: Lofthaus am Elbberg
ADRESSE: Elbberg 1, 22767 Hamburg-Altona
BAUZEIT: 1996–1997
ARCHITEKTEN: brt Architekten (Jens Bothe, Kai Richter, Hadi Teherani)
PREIS: Bauwerk des Jahres 1997 (Architekten- und Ingenieurverein Hamburg e. V., AIV), BDA Hamburg Architekturpreis 1999 (1. Preis)
Der Baugrund umfasste gerade einmal 400 Quadratmeter Niemandsland: im Hamburger Stadtteil Altona, am Rand des Fischgroßhandelsmarkts, im Süden die Elbe, im Norden der Steilhang mit dem sogenannten Altonaer Balkon, einer Grünfläche mit weitem Blick über den Hafen. Das nähere Umfeld war, wie es der Architekturkritiker Klaus-Dieter Weiß auf den Punkt brachte, „tagsüber durch den Schwerlastverkehr der um ihr Überleben kämpfenden Fischindustrie, abends durch den Straßenstrich wenig angemessen genutzt.“ Auf dieser spitz zulaufenden Fläche schufen die Architekten Jens Bothe, Kai Richter und Hadi Teherani von 1996 bis 1997 ein Lofthaus, das nicht nur satte 2800 Quadratmeter Nutzfläche zu bieten hat, sondern auch zur baukünstlerischen Keimzelle für einen ganzen Straßenzug wurde.

Hamburg, Lofthaus am Elbberg (Bild: Grundriss)
Die Kunst der runden Ecke
Mit diesem Entwurf konnte das Büro brt Architekten 1994 den Wettbewerb um das Projekt der Hamburger DWI Grundbesitz GmbH für sich entscheiden. Strenggenommen hat das fünfgeschossige Bürohaus zwei Gesichter: Zur Elbe hin fächert sich die Glasfassade in fünf Erker auf, die gerne mit der Form von Wellen verglichen werden. Zum Hang zeigt die Fassade hingegen vorpatinierte grüne Kupferschindeln, bei denen die Architekturkritiker:innen oft von Schuppen sprechen. Damit bietet sich den Nutzer:innen nach Süden ein weiter Blick über den Hafen, während die Wände im Norden hochgeschlossenen bleiben und nur hier und da von viereckigen Fenstern mit abgerundeten Ecken durchbrochen werden.
Durchdachte Details fügen den Bau in seine Umgebung ein und nehmen ihm die Schwere. Das Haus ruht auf schräggestellten Stützen, schafft damit Raum für Parkplätze und einen Nebeneingang, wirkt so nach Süden leichter und ist zudem vor dem Hochwasser geschützt. Stattdessen wird der Bau mit dem höhergelegenen Haupteingang von Norden her erschlossen. Obwohl das Grundstück spitz geformt ist, laufen die meisten Gebäudeecken rund aus. Das Fensterraster der Glasfassade betont die Waagrechte, indem rote Metallbänder in der Horizontalen die Geschossgrenzen markieren. Auch die von Anfang an eingeplanten Sonnensegel sind flach in die Fassade eingebunden. Und sogar das großzügig verglaste, fünfte Geschoss bildet die Form eines Prismas aus, das fast nahtlos in das Dach des benachbarten historischen Backsteinhauses übergeht.


Hamburg, Lofthaus am Elbberg (Bilder: links: spacebase.com, rechts: Sascha Schröder, via flickr, 2020)
Ein Star unter vielen
Die Architekten des Teams brt arbeiten heute in je eigenen Büros. Jens Bothe (*1959) hatte nach seinem Studium in Braunschweig 1991 ein gemeinsames Büro mit Kai Richter und Hadi Teherani gegründet, das bis 2011/12 in dieser Form bestand. Ebenfalls nach seiner Studienzeit in Braunschweig hatte Richter (*1958) vor 1991 u. a. im Büro von Margot und Joachim Schürmann gearbeitet. Der Architekt und Designer Hadi Teherani (*1954) war nach seinem Studium in Braunschweig an der Technischen Hochschule Aachen bei Volkwin Marg tätig. Am brt-Projekt, dem Lofthaus am Elbberg, waren zudem als Mitarbeiter:innen beteiligt: Mathias Eichler, Christian Feck, Ralf Grigoleit, Martin Hecht, Markus Heller, Andreas Jochum, Maurice Paulussen, Tatjana Pietsch, Kerstin Pietzsch, Erik Recke, Anja Richter, Stefanie Schoell, Berthold Staber, Monica Tackenberg, Christina Tibi, Yvonne van Tienhoven, Fariba Vossoughinia, Birgit Wagenknecht. Für die Tragwerksplanung zeichnete das Ingenieurbüro Dr. Binnewies verantwortlich.
Auf das Lofthaus von 1997 folgten am Elbberg weitere baukünstlerisch markante Entwürfe des Büros brt. An die Stelle der von Fischindustrie und Lagerhallen geprägten Umgebung traten stufenweise neue Funktionen vom Arbeiten bis zum Wohnen, von der Freifläche bis zum Einkaufen. Die Bauten führen gestalterisch viele Ansätze des Lofthauses fort, indem sie etwa mit organischen Formen und abgerundeten Ecken spielen, das typisch hamburgische Kupfer mit den zeitgenössischen Materialien Beton und Glas verknüpfen. Die Planer wollen damit nicht weniger, als eine Brücke zu schlagen zwischen den höhergelegenen Wohngebieten von Altona und dem tiefergelegenen Hafen.

Hamburg, Lofthaus am Elbberg (Bild: eventinc.de)
Hanseatisch ohne Backstein
Das Lofthaus am Elbberg fand schon kurz nach seiner Fertigstellung viel Zustimmung bei der Architekturkritik. Für die geschickte Ausnutzung des Grundstückkeils, für den gekonnten Fassadenschwung wurden große Vorbilder aus der frühen Moderne bemüht: vom Hamburger Chilehaus (Fritz Höger, 1924) bis zum Berliner Shell-Haus (Emil Fahrenkamp, 1932). Auch ohne den allgegenwärtigen Backstein gelang den Architekten hier eine zutiefst hanseatische Lösung. Heute birgt der Bau, dessen Innenräume 2011 nochmals überarbeitet wurden, die Zentrale des Büros Hadi Teherani, dessen Zweigstellen in Frankfurt am Main, München, Bangalore, Teheran und Abu Dabi liegen.








Text: Karin Berkemann, Frankfurt/Greifswald, März 2022
Weiß, Klaus-Dieter, Lofthaus am Elbberg, Hamburg (1997), in: Centrum. Jahrbuch Architektur und Stadt 1998–1999, S. 193–195.
Meyhöfer, Dirk/Gevert, Franziska, Hamburg. Architektur und Kunst (Reclams Städteführer), Stuttgart 2015.
Uffelen, Chris van, Deutschlands Büros. Architektur und Innenraumgestaltung. Arbeitsplätze des 21. Jahrhunderts, Stuttgart 2020, S. 330–335.
Gebäudedaten zum Lofthaus am Elbberg in Hamburg auf: eventinc.de und spacebase.com.
Onlinepräsenz des Architekten Jens Bothe.
Onlinepräsenz der Architekten Hillmer und Richter.
Onlinepräsenz des Architekturbüros Hadi Teherani.
Titelmotiv: Hamburg, Lofthaus am Elbberg (Bild: Sascha Schröder, via flickr, 2020). Für den Bildnachweis in der Galerie klicken Sie bitte auf das jeweilige Bild. Sie enthält u. a. Fotografien von Cb22hh, CC BY SA 3.0, 2011, von Sascha Schröder (via flickr, 2020), Ralf Westhues (via flickr, 2017) sowie Sven Baake, Sascha, Werner Menken und a.n.other (via mapio.com) sowie spacebase.com und eventinc.de. Zu Bildrechten nach Creative Commons informieren Sie sich bitte online über die entsprechenden Bestimmungen.