Frankfurt am Main, Messeturm (Bild: Thomas Dirk Heere, via flickr, 2014)
BAUTEN: 1) Messeturm; 2) Kronenhochhaus (DZ-Bank/Westend 1); 3) Japan Center; 4) Commerzbank Tower
ADRESSEN: 1) Friedrich-Ebert-Anlage 49, 60308 Frankfurt am Main; 2) Westendstraße 1, 60325 Frankfurt am Main; 3) Taunustor 2, 60311 Frankfurt am Main; 4) Kaiserstraße 16, 60311 Frankfurt am Main
BAUZEIT: 1) 1988–1991; 2) 1990–1993; 3) 1993–1997; 4) 1994–1997
ARCHITEKTEN: 1) Helmut Jahn (Murphy/Jahn); 2) William Pedersen (Kohn Pedersen Fox mit mit Nägele, Hofmann & Tiedemann); 3) Joachim Ganz, Walter Rolfes; 4) Norman Foster + Partners
In Frankfurt wetteiferten die Wolkenkratzer der 1990er Jahre nicht mehr nur um Höhenmeter, sondern vor allem um den Markenwert: Stadtplaner:innen mussten das ramponierte Image der Mainmetropole aufpolieren und Stararchitekt:innen wollten eine unverwechselbare Spitze in die Skyline setzen. Daher zählt die Kunsthistorikerin Lorena Pethig diese Hochhäuser zur dritten Generation. Wo die 1950er Jahre in Frankfurt noch hinter dem Domturm zurückstehen mussten, wagten die 1960er und 1970er schon höhere Quader in der Formensprache des International Style. Die dritte Entwicklungsstufe schlug dann einen markanten Bogen vom postmodernen Torhaus (O. M. Ungers, 1984) zum gläsern-runden Westhafen Tower (Schneider + Schumacher, 2004). Damit trugen die 1990er Jahre wesentlich zur heutigen Beliebtheit der Skyline bei.
Frankfurt am Main, Messeturm, links: im Bau, 1990; rechts: 2017 (Bilder: links: Smiley.toerist, CC BY SA 4.0, 1990; rechts: DXR, CC BY SA 4.0, 2017)
1) Messeturm: Der Bleistift
Kaum ein Frankfurter Hochhaus avancierte so rasch zum Publikumsliebling wie der Messeturm. Beim Wettbewerb von 1985 konnte sich der deutsch-US-amerikanische Architekt Helmut Jahn (1940–2021) mit einem Entwurf durchsetzen, der den Betrachter:innen bis heute viele Seh- und Gewöhnungshilfen bietet: Die Gestaltung bezieht sich auf ikonische Vorbilder wie den historische Campanile der Markuskirche in Venedig oder das US-amerikanische Art déco der 1920er und 1930er Jahre, wie es etwa mit dem New Yorker Chrysler Building (1930) bekannt wurde. Technisch bewegte sich Jahn in Frankfurt auf der Höhe seiner Zeit, indem er einer Stahlbetonkonstruktion von außen rote polierte Granitplatten vorhängen und eine Pyramidenspitze aus Stahl und Glas aufsetzen ließ.
Über 256 Höhenmeter und 63 oberirdische Geschosse hinweg verschmelzen verschiedene stereometrische Körper, was dem Bau den Spitznamen „Bleistift“ einbrachte: Auf dem Sockel mit quadratischer Grundfläche erhebt sich ein polygonaler Schaft, aus dem sich im obersten Drittel ein gläserner Zylinder herausschält, auf dem wiederum ein kleinerer Ring aufliegt, der die Pyramidenspitze trägt. Als der Büroturm 1991 eingeweiht wurde, markierte man den Standort mit der kinetischen Arbeit „Hammering Man“ von Jonathan Borofsky. Das Hochhaus am Rand des Messegeländes bildet ein Ensemble mit der Halle 1, einem Eingangspavillon und einem Verbindungsgang zur U-Bahn-Haltestelle „Festhalle/Messe“ (in Nutzung seit 2001). Von 2019 bis 2021 wurde der Turm saniert – von Helmut Jahn höchstpersönlich, der vor allem das Foyer und die nächtliche Beleuchtung veränderte.
Frankfurt am Main, Kronenhochhaus (Bilder: links: uggboy, CC BY 2.0, 2010; rechts: Mylius, CC BY SA 3.0, 2009)
2) Westend 1: Die Krone der Skyline
Während der Messeturm für die Öffentlichkeit nicht zugänglich ist, öffnet sich ein zweites Frankfurter Hochhaus gezielt zum Stadtteil: Am Kaiserplatz ruht die 1993 fertiggestellte DZ-Bank (ehemals DG-Bank) auf einem Sockel, der sich organisch in die benachbarten, meist historistischen Wohnbauten einreiht. Im Erdgeschoss wird eine hohe gläserne Lobby, eine Art Wintergarten ausgebildet, die als Restaurant bzw. Kantine auch von Besucher:innen genutzt werden kann. Offiziell führt man den Bau heute nach seiner Adresse unter „Westend 1“, doch vor Ort setzte sich rasch der Begriff „Kronenhochhaus“ durch. Dies zielt auf den Strahlenkranz, der den Dachabschluss des höchsten Bauglieds bildet. Was auf den ersten Blick an die New Yorker Freiheitsstatue erinnern mag, führte der Architekt selbst auf die Frankfurter Tradition als Krönungsort zurück. Diese architektonische Figur muss im Winter beheizt werden, damit nicht herabfallende Eiszapfen die Passant:innen gefährden.
Der 208 Meter und 56 oberirdische Geschosse hohe Bau, errichtet nach Entwürfen des US-amerikanischen Architekten William Pedersen (* 1938, Kohn Pedersen Fox mit Nägele, Hofmann & Tiedemann), beherbergt neben Büros auch einige Wohnräume. Zwischen Hauptbahnhof und Westend gelegen, fügt sich die Stahlbetonkonstruktion aus einem gläsernen Turm auf halbrundem Grundriss und einem niedrigeren, mit weißem Granit verkleideten Bauglied auf L-förmiger Grundfläche. Vor dem Ensemble ironisiert das Kunstwerk „Inverted Collar and Tie“ von Claes Oldenburg und Coosje van Bruggen seit 1994 die Uniformierung der hier aus- und eingehenden Schlipsträger.
Frankfurt am Main, Japan Center (Bilder: links: Flibbertigibbet, CC BY SA 3.0, 2008; rechts: DXR, CC BY SA 4.0, 2018)
3) Japan Center: Karo mit Hut
Mit 115 Metern und 27 oberirdischen Geschossen bleibt das Japan Center weit hinter dem Messeturm und dem Kronenhochhaus zurück. Stattdessen inszenierten die Berliner Architekten Joachim Ganz (* 1942) und Walter Rolfes (1943–2014) die Andersartigkeit ihrer Stahlbetonkonstruktion durch Anspielungen an die japanische Kulturwelt. Die mit terrakottafarbenen Natursteinplatten verkleidete Lochfassade soll in ihrem Raster einer Tatami-Matte entlehnt sein. Auch das hutartig vorkragende Dach mit quaderförmigem Aufsatz wird auf eine Steinlaterne zurückgeführt. Um diesen Bezug zu unterstreichen, hatte man im Gebäudeabschluss 1997 eine „Meditationsoase“ mit Steingarten eingerichtet. Zu den ersten Mieter:innen zählten konsequenterweise das Generalkonsulat und verschiedene Unternehmen aus Japan.
So klar das Fensterraster gegliedert ist (große Öffnungen für Großraumbüros, kleine Öffnungen für Einzelbüros), so stringent ist der Bau in die Höhe gestaffelt. Auf einem transparent gehaltenen Sockel und einem Konferenzbereich ruhen die Bürogeschosse, die von einer Ebene für das Restaurant bzw. die Kantine bekrönt werden. Im Quader über dem vorkragenden Dach sind wiederum Büroräume untergebracht. Zwischen Bahnhofsviertel und Innenstadt gelegen, wird der Turmstumpf zusätzlich dadurch belebt, dass – jeweils versetzt – sechs Geschosse mit großen und mit kleinen Fensteröffnungen aufeinander folgen. Aktuell ist der gesamte Bau, der 2006 zuletzt saniert wurde, von der Europäischen Zentralbank (EZB) angemietet und so nicht öffentlich zugänglich.
Frankfurt am Main, Commerzbank Tower (Bild: © Commerzbank AG, CC BY SA 3.0, 2012)
4) Commerzbank Tower: Das „grüne Hochhaus“
Während das Japan Center in klassischer Manier über Fahrstuhl und Treppenhaus im Gebäudekern erschlossen wird, kehrte der britische Architekt Norman Foster (* 1935) seinen Entwurf für den Commerzbank Tower von innen nach außen. Die Mitte des Büroturms auf dreieckigem Grundriss bleibt frei, um auf natürlichem Weg Licht und Luft in die Räume zu bringen. Stattdessen wurde die Erschließung in die Spitzen des Dreiecks verlagert. Eine speziell konstruierte, doppelwandige Fassade macht es möglich, dass die Mitarbeiter:innen ihre Fenster öffnen und so selbst ihr Raumklima regulieren können.
Über 65 Geschosse und 259 Meter überragt der Commerzbank Tower das nahegelegene Japan Center deutlich. Foster verstand seinen Entwurf aber vor allem als „grünes Hochhaus“, was er durch die Einbindung von jeweils viergeschossigen Wintergärten unterstrich. Spiralförmig über die Gebäudehöhe verteilt, dienen diese „sky gardens“ auch als Ruhe- und Begegnungsräume für die Nutzer:innen. Mit einer großen gläsernen Lobby öffnet sich das Ensemble zusätzlich zum Stadtteil. Diese großzügige Planung wurde durch eine Konstruktion aus Vierendeelträgern möglich. Für die künstlerische Ausstattung konnten Thomas Emde (Illumination der Fassade, Farbvlies in der Lobby), Dave/David Pflugi („Space of Time“ im Eingangsbereich), Joan Brossa (visuelles Gedicht in den Höfen) und John Steward Johnson Jr. (lebensgroße Bronzefiguren) gewonnen werden. Der Bogen der dritten Hochhausgeneration von der natursteinverkleideten Lochfassade zum gläsernen Turm ließe sich etwa noch bis zum Main Tower (2000, Schweger + Partner) fortführen.
Text: Karin Berkemann, Frankfurt am Main/Greifswald, September 2022
Pethig, Lorena, Ein Wendepunkt in der Skyline. Hochhäuser der 1990er Jahre in Frankfurt am Main, in: Berkemann, Karin (Hg.), Das Ende der Moderne? Unterwegs zu einer Architekturgeschichte der 1990er Jahre, Berlin 2021, S. 54–65.
Terranova, Antonino, Skyscrapers, Vercelli 2003.
Zukowsky, John/Thorne, Martha (Hg.), Skyscrapers. The New Millennium, München u. a. 2000.
Meditation im fernen Westen. Eröffnung des Japan Centers in Frankfurt/M., auf: baunetz, 26. März 1997.
Murphy/Jahn, MesseTurm Frankfurt (Schriften zur Architektur der Gegenwart), München/Stuttgart 1991.
Hochtief-Filmdokumentation zur Bauzeit, auf: bauforum24.biz.
Bastelbögen zu Frankfurter Hochhäusern.
Für die Bildnachweise in der Galerie – hier u. a. zwei Fotografien des Japan Centers von Frankfurt am Main, Japan Center (Bild: Heidemarie Niemann, via flickr.com, 2012) – klicken Sie bitte auf das jeweilige Bild. Zu Bildrechten nach Creative Commons informieren Sie sich bitte online über die entsprechenden Bestimmungen.