BAU: Landesstudio des Westdeutschen Rundfunks (WDR)/Funkhaus
ADRESSE: Stromstraße 24, 40221 Düsseldorf
BAUZEIT: 1986–1991
ARCHITEKT:INNEN: Brigitte und Christoph Parade (Christoph Parade und Partner), Polónyi + Wörzenberger/Schlieben-Rottenfusser (Tragwerksplanung)
Ein 25 Meter hoher Volksempfänger aus Stahl und Glas – in Düsseldorf steht im Wortsinn sprechende Architektur. Nach den Plänen von Christoph und Brigitte Parade errichtete man direkt am Rheinufer das WDR-Landessstudio, dessen großes rundbogiges Foyer an ein historisches Radiogerät erinnern soll. In direkter Nachbarschaft hatte der Architekt Harald Deilmann schon 1982 ein sichtbares Zeichen für die neue Nutzung des ehemaligen Hafengeländes gestaltet: den Fernsehturm. Den zugehörigen internationalen Wettbewerb konnte das Büro Parade 1978 zwar für sich entscheiden, der Auftrag blieb aber aus. Anders 1983 beim Funkhaus, als auf den ersten Preis auch die Umsetzung folgen sollte. Bis 1991 erhielt der WDR hier sein erstes eigenes Gebäude in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt, das bis heute zu den Highlights des Medienhafens zählt.
Eingeweiht am 2. Mai 1991, beliefen sich die Baukosten für das Düsseldorfer Funkhaus auf insgesamt 46 Millionen Euro (Bild: © Raimond Spekking, CC BY SA 4.0, 2014)
Am Fluss
Yachthafen, Rheinpark und Landesstudio werden, wie durch ein Scharnier, über den Fernsehturm miteinander verbunden. Von hier geht der Blick über ein Rondell und eine doppelreihige Allee nach Südwesten bis zum Funkhaus. Dessen Außenwände wechseln zwischen Natursteinplatten und Glaselementen mit mintgrünen Sprossen bzw. Verstrebungen. Entlang des Rheins erhebt sich der flachgedeckte Bau auf einem annähernd längsrechteckigen Grundriss, dessen zum Fernsehturm weisende Seite schräg abgeschnitten ist. So bildet das Funkhaus nach Nordosten, zur Straße hin, eine wehrhafte Spitze aus. Aus dieser Hauptfassade reckt sich das Foyer den Besuchenden wie ein Mittelrisalit entgegen – und aus dem Empfangsbereich heraus kann man wiederum über die gläsernen Fahrstühle das Rheinpanorama bewundern.
Im Inneren organisierten die Architekt:innen alle Bedürfnisse geschickt auf 6.000 Quadratmetern Nutzfläche: die Studioräume in den beiden unteren Geschossen, die Büros in den beiden transparenten oberen Etagen, über die Rückseite wird angeliefert, unter dem Haus erstrecken sich zwei Tiefparkebenen. Der Natursteinverkleidung ist im Sockelbereich angeschrägt und teils von Segmentbogenfenstern durchbrochen, die für die Cafeteria zum Rhein hin eine attraktive Aussicht ermöglichen. In der Gebäudemitte, umfangen von den beiden obersten Geschossen, liegt geschützt eine Dachterrasse, so wie sich das gesamte Funkhaus mit viel Grün umgibt. In vielen Details erinnert das Landesstudio an historische Vorbilder (von Schloss bis Bastion) und spielt gekonnt mit dem spät-postmodernen Formenvokabular der frühen 1990er Jahre – allein das gläserne Atrium findet sich von der Bahnzentrale in Frankfurt (1993) bis zum EU-Parlament in Brüssel (1995).
Durch umgebende Bäume, große Glasflächen und eine Dachterrasse ist das WDR-Landesstudio in Düsseldorf von Grün durchzogen (Bild: Frank Vincentz, GFDL, 2012)
Parade + Parade
Als das Funkhaus fertiggestellt wurde, konnte das Büro Parade sein 29-jähriges Jubiläum feiern. Die Architekt:innen Brigitte Parade-Reese (*1935) und Christoph Parade (*1934) hatten sich 1962 gemeinsam in Düsseldorf selbständig gemacht. Beide studierten zuvor an der TH Stuttgart und sammelten Auslandserfahrung – sie bei einem Gastsemester in Wien, er für einige Monate an der Princeton University, zudem hatte Christoph Parade im Laufe seines Berufslebens verschiedene in- und ausländische Lehraufträge inne. Neben der Düsseldorfer Niederlassung engagierte sich das Duo international, unterhielt z. B. vorübergehend ein Partnerbüro in Algerien. Der Schwerpunkt lag im öffentlichen Bauen, darunter zahlreiche Schulen und Rathäuser sowie Projekte aus Freizeit und Tourismus. Bekannt wurde das Team durch brutalistische Entwürfe wie die Realschule Menden/St. Augustin (1968) oder das Zentrum Hückelhofen (ab den 1960er Jahren).
Ab Mitte der 1980er Jahre öffnete das Büro Parade seine Bauten mit lamellenartig aufgefächerten oder prismenförmig gestaffelten Glaselementen, etwa bei der Passage zwischen Hammer Bank und Hotel (1984, heute Südring-Center) oder in Osnabrück beim Naturwissenschaftlichen Museum (1986, mit Zoo und Planetarium). Wie das Rathaus Ahlen (1977, mit Stadthalle) von Wasserläufen umgeben und durchzogen wurde, richteten sich Brigitte und Christoph Parade auch in Düsseldorf bewusst zur Rheinfront hin aus, ohne die Lärmabschirmung für die Studioräume zu vernachlässigen. In zwei Wettbewerbsbeiträgen hatten sie sich zuvor, in beiden Fällen unverwirklicht, mit dem Areal auseinandergesetzt: 1978 für den Fernsehturm und 1991 für das Hochhaus am Landtag. Doch mit dem Funkhaus sollten sie endlich eine prägende Marke am entstehenden Medienhafen setzen können.
Die Drehtür im Glasfoyer des Düsseldorfer Funkhauses wird von einem geschwungenen Vordach überfangen (Bild: Frank Vincentz, GFDL, 2012)
Am Medienhafen
Schon Mitte der 1970er Jahre hatte man sich in Düsseldorf dazu entschlossen, den Hafenbetrieb auf einer kleineren Fläche zu konzentrieren. So wurde ein größeres Areal frei für Nutzer:innen aus dem Dienstleistungs- und Mediensektor. Eine erste Erschließung erfolgte durch den Yachthafen, den Fernsehturm (1982), den Landtag (1988) und den Rheinpark. Mit dem Bau des WDR-Funkhauses öffnete man die Planungen dann für neue Funktionen und eine extrovertiertere Formensprache. Der Autoverkehr wurde kurz darauf über den Rheinufertunnel (1993) reguliert.
1991 wurde das Funkhaus noch von verbliebenen Hafenbauten hinterfangen, die bis 1999 dem Neuen Zollhof weichen mussten. Nach Entwürfen von Frank O. Gehry (mit Beucker, Maschlanka und Partner) lotete man die damals neuen Möglichkeiten des digitalen Entwerfens aus, um drei dekonstruktivistische Bürotürme zu gestalten. In ihre Höhenstaffelung und mit ihren unterschiedlichen Oberflächen bestimmen sie heute die Rheinsilhouette. Sie wetteifern dabei mit weiteren markanten Entwürfen internationaler Stararchitekten wie David Chipperfield.
Mit dem Fernsehturm, dem Neuen Zollhof und dem Funkhaus verbindet der Düsseldorfer Medienhafen zahlreiche architektonische Highlights (Bild: Ingo Valentin, GFDL oder CC BY SA 3.0, 2005)
Auf eine ungewisse Zukunft
In Düsseldorf wird immer wieder über die Zukunft des WDR-Funkhauses diskutiert, denn der aktuelle Nutzer muss sparen. Schon zur Bauzeit argwöhnten die Kölner Mitarbeiter:innen des Senders, der neue Stützpunkt in Düsseldorf sei zu groß geraten – und mussten sich vom Umzug erst überzeugt lassen. Doch in den Folgejahren wurden hier die Neuigkeiten aus der Region aufbereitet und verbreitet. 2018 schließlich gab der WDR bekannt, seinen Schwerpunkt 2021 ganz nach Köln zu verlagern. In den letzten Jahren wurden in den 2013 technisch modernisierten Düsseldorfer Räumen auch Formate anderer öffentlich-rechtlicher Sender produziert. Doch einige Vorhaben und Kooperationen haben sich pandemiebedingt verzögert bzw. zerschlagen, sodass über die genauen Zukunftspläne des WDR für sein Funkhaus (noch) nichts bekannt ist. Unter Architekturliebhaber:innen gilt der Bau bereits jetzt als einer der Höhepunkte am Düsseldorfer Rheinufer.
Text: Karin Berkemann, Frankfurt/Greifswald, Januar 2022
Literatur und Links
Kanz, Roland/Wiener, Jürgen, Architekturführer Düsseldorf, Berlin 2001, S. 81.
Krüger, Karl Heinz, „Eine Frau, die sich wehrt, ist ’ne Zicke“. SPIEGEL-Redakteur Karl Heinz Krüger über die Aufbruchsstimmung bei den Architektinnen, in Spiegel 8, 21. Februar 1988.
Dimog, Jan, Von der Silberwelle zum Spektakelhafen, auf: thelink.berlin
Internetauftritt des Architekturbüros Parade + Partner
WDR-Landesstudio Düsseldorf, auf: structurae.net
Titelmotiv: Düsseldorf, WDR-Landesstudio (Bild: Christian A. Schroeder, CC BY SA 4.0, 2016). Für den Bildnachweis in der Galerie klicken Sie bitte auf das jeweilige Bild, zu Bildrechten nach Creative Commons informieren Sie sich bitte online über die entsprechenden Bestimmungen.